Studie „Wohnen in Deutschland“ - 2. Teil
Demografie und Zukunftsaussichten am deutschen Wohnungsmarkt
Insgesamt wird der Investmentmarkt für Wohnimmobilien in Deutschland - trotz demografischen Wandels - auch in Zukunft relativ stabil bleiben. Allerdings wird die Entwicklung regional durchaus sehr unterschiedlich ausfallen, so die Studie „Wohnen in Deutschland - differenzierte Situation und Perspektiven“ der Deutschen Hypo, einem Unternehmen der Nord/LB belegt, die im August 2014 erschienen.
Träger für die Nachfrage am Wohnungsmarkt sind jeweils die vorhandenen Haushalte. Sie bestimmen Zahl und Menge der benötigten Wohnungen. Übersteigt das Angebot die Nachfrage, sinken Mieten und Preise. Und umgekehrt. Wobei die Haushaltsanzahl regional sehr unterschiedlich verteilt ist.
Das Statistische Bundesamt erstellte im Rahmen der Haushaltsvorausberechnung folgende Szenarien: Beim „Trend“-Szenario, setzt sich der Trend zu kleineren Haushalten fort. Beim „Status Quo“-Szenario wird vorausgesetzt, dass die Anzahl der Personen pro Haushalt gleich bleibt. Allerdings sank die Personenzahl pro Haushalt real im bundesweiten Durchschnitt im Zeitraum 2009 bis 2013 von 2,1 auf 2,0 Personen.
Da demnächst die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen werden, wird bei den Szenarien davon ausgegangen, dass künftig besonders die Zahl der Seniorenhaushalte weiter zunehmen wird. Es handelt sich dabei i.d.R. um Ein- oder Zweipersonenhaushalte. Aber auch neue Wohnmodelle im Alter - wie das Zusammenleben in Partnerschaften und Wohngemeinschaften mit separater Haushaltsführung - werden sich künftig vermehrt etablieren und damit neue Anforderungen an den deutschen Wohnungsmarkt stellen.
Durchschnittlich wird für die Ein- und Zweifamilienhaushalte im gesamten Bundesgebiet eine Steigerung um 11,9 Prozent prognostiziert, während die Drei- und Mehrpersonenhaushalte um rund 26 Prozent abnehmen werden. Dabei wird es allerdings starke regionale Unterschiede geben: Während die Anzahl der Einzelhaushalte im Westen laut Prognose im Zeitraum 2009 bis 2030 um rund 4 und 5 Prozent steigen werden, wird der Osten rund 10 Prozent seiner Haushalte verlieren.
Grundsätzlich wird die Zahl der Haushalte noch bis 2025 steigen. Danach wird die Zahl langsam sinken und damit der demografische Faktor spürbar auf den deutschen Wohnungsmarkt durchschlagen. Denn grundsätzlich prognostizieren alle Szenarien, die im Rahmen der 12. Koordinierten Bevölkerungsberechnung des Statistischen Bundesamtes entworfen wurden, eine stetig abnehmende Bevölkerungszahl.
Für die künftige Nachfrage auf dem deutschen Wohnungsmarkt kommt der zu erwartenden Verschiebung der Altersstruktur allerdings noch für einige Jahrzehnte ein grundsätzlich unterstützender Faktor zu. Die Gruppe der über 65-jährigen wird bis 2040 sehr dynamisch wachsen und aufgrund der steigenden Lebenserwartung über einen längeren Zeitraum stabil bleiben. Da immer weniger jüngere Jahrgänge nachrücken, wird für die „Senioren“ bis 2060 ein beachtlicher Bevölkerungsanteil von 36,1 Prozent prognostiziert.
Da im Laufe des Lebens die Größe der eigenen Wohnung i.d.R. aufgrund zunehmenden Wohlstands steigt, gehen die Progosen davon aus, dass die Nachfrage nach Wohnfläche auf hohem Niveau verbleiben wird, denn nur selten wird Erreichtes im Alter aufgegeben - weder flächenmäßig noch qualitativ. Es wird stattdessen davon ausgegangen, dass mittelfristig die Nachfrage nach Mietwohnungen und Wohneigentum auf dem deutschen Wohnungsmarkt weiter steigen beziehungsweise zumindest auf einem hohen Niveau verbleiben wird. Kleinere Wohnungen werden dagegen künftig vermehrt von der jüngeren Bevölkerungsgruppe nachgefragt werden, da hier angenommen wird, dass die Haushaltsgröße eher sinkt.
Insgesamt zeigt sich der deutsche Wohnungsmarkt aber auch in den nächsten Jahren sehr robust. Aus den Entwicklungsszenarien lassen sich drei regional unterschiedliche Muster ableiten:
• Stabile Regionen
Hier entwickelt sich der deutsche Wohnungsmarkt harmonisch und ohne Verwerfungen. Diese Regionen profitieren von ihrer gesunden wirtschaftlichen Grundlage sowie einer zentralen, für die umliegende Region gut erreichbare Versorgungseinrichtungen.
• Zuzugsregionen
Die Wachstumsregionen von heute - besonders Ballungsgebiete und Großstädte - werden auch weiterhin von überregionalen Zuzüglern profitieren. Hier wächst du Bevölkerung mittelfristig erheblich, so dass auch von einem weiteren Anstieg der Wohnungsnachfrage auszugehen ist. Diese Regionen - Großstädte und Ballungsgebiete - sind wirtschaftlich stark. Sie ziehen zum einen Bildungsmigranten und junge Leute an, da hier Bildungseinrichtungen, wie Fachhochschulen und Universitäten, sowie Arbeitsplätze und urbanes Flair zum attraktiven Angebot gehören.
Zum anderen bevorzugen besonders auch ältere Bevölkerungsgruppen diese Zuzugsregionen, da Versorgungseinrichtungen in unmittelbarer Nähe vorgehalten werden. Dort lebende Senioren werden die urbanen Zentren nicht verlassen. Andere ziehen im Alter in die Stadt zurück. Besonders Städte mit über 500.000 Einwohnern in Westdeutschland werden von dieser Entwicklung profitieren. Auch wenn die Anzahl fertiggestellter neuer Wohnungen mittlerweile wieder gestiegen ist, wird es hier jedoch infolge des überproportionalen Zuzugs zu Engpässen auf dem Wohnungsmarkt kommen, was wiederum für eine dynamische Entwicklung bei Preisen und Mieten sorgen wird.
In den Großstädten wirkt sich diese Entwicklung besonders bei Neuverträgen für Mietwohnungen sowie bei den Kosten für den Erwerb von Wohneigentum aus. Die Leerstandsquoten in den fünf größten deutschen Städten sind entsprechend niedrig - am höchsten ist sie mit 3,5 Prozent in Berlin. Zum Vergleich der bundesdeutsche Durchschnitt für leerstehende Wohnimmobilien liegt bei 4,5 Prozent.
Alternativ weichen Nachfrager daher schon heute aufgrund der hohen Preise und Mieten ins Umland aus oder sie verdrängen Einheimische durch Zahlung überhöhter Mieten und Preise aus den Städten. Das Institut Empirica stellte überdies fest, dass Mieten oder Kaufpreise zurzeit in den Landkreisen schneller steigen als in kreisfreien Städten. Die Politik sucht daher nach neuen Konzepten zur Dämpfung der steigenden Preise, beispielsweise mit dem umstrittenen Konzept der „Mietpreisbremse“.
• Fortzugsregionen
Die bereits jetzt schrumpfenden Regionen werden, so die Studie, dagegen auch in Zukunft unter einer permanenten überregionalen Abwanderung leiden. Die einzigen Zuzüge werden dort künftig aus dem unmittelbaren Umland erwartet. Die höchsten Rückgänge bei der Anzahl der Haushalte werden dabei für Sachsen-Anhalt und auch Thüringen erwartet - mit 15 bzw. 13 Prozent. Dagegen werden für Hamburg mit 10 Prozent und den Flächenstaaten Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils 7 Prozent die höchsten Zuwächse prognostiziert.
Die Fortzugsregionen leiden erheblich unter steigendem Wohnungsleerstand, da die Wohnungsnachfrage durch die überregionalen Wegzüge und die demografische Entwicklung stetig fällt. Viele dieser Regionen liegen im Osten Deutschlands, aber auch allgemein in ländlichen Räumen sowie in alten westdeutschen Industriegebieten - so eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2011.
Durch die sinkende Nachfrage steigt das Überangebot an Wohnungen. Dadurch sinken die Miet- und Verkaufpreise. Am stärksten zeigt sich die Problematik der Leerstandsquoten bereits im ostdeutschen Dessau-Roßlau mit 14 Prozent. Ebenfalls stark betroffen sind ostdeutschen Städte, wie Leipzig, Schwerin, Chemnitz oder Gera. In Westdeutschland weist Pirmasens eine knapp zehnprozentige Leerstandsquote auf, gefolgt von Hagen (7 Prozent), Gelsenkirchen (6,6 Prozent) oder auch Bremerhaven (6,5 Prozent).
Durch das Programm „Stadtumbau Ost“ ist es in Ostdeutschland mittlerweile zumindest zu einer 0,9-prozentigen Senkung der Leerstandsquote gekommen, indem Bestände, die nicht mehr nachgefragt werden, zurückgebaut wurden. Mit dem Ziel, dem baulichen Funktionsverlust der Städte und der sozialen Erosion in den betroffenen Stadtteilen entgegenzuwirken. Indem die wertvollen innerstädtischen Altbaubestände wieder nutzbar gemacht werden, soll die Identifikation der Einwohner mit ihrer Stadt wieder gefördert werden. Das eröffnet u.U. neue Perspektiven für Investoren.
Hier können Sie den 1. Teil der Studie „Wohnen in Deutschland“ nachlesen (Link)